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.Dabei starrte ich stur auf das Lehrbuch und traute mich nicht, Henry anzusehen.Das war hundertprozentig die oberpeinlichste Erfahrung meines Lebens.»Tja«, sagte ich, nachdem June endlich nach oben gegangen war, »das sind also meine Schwestern.Sorry, dass du sie erleben musstest.Irgendwie müssen sie aus ihrem Käfig entwischt sein.Kommt nicht noch mal vor.«»Geht schon in Ordnung«, lachte er nur.»Meine Schwester tickt auch nicht so ganz richtig.Da bin ich das gewöhnt.«»Also, was die Tickstörung betrifft, stelle ich dich locker in den Schatten.«»Hm, na gut, hat vielleicht eine von deinen Schwestern auch so ’ne Niete als Lover wie meine?«»Glaub nicht, aber ich würde sie auf der Stelle mit ’ner Niete verkuppeln, wenn sie mir dann weniger auf den Geist gehen.« Ich schob das Lehrbuch beiseite.»Wo gibt’s denn diese Nieten? Bei eBay? Oder muss ich mich einfach nur auf ’nen McDonald’s-Parkplatz stellen?«Als ich das Lehrbuch von mir wegschob, verzog Henry gequält das Gesicht.»Ich zahl dir was, wenn du den Lover von meiner Schwester nimmst«, schlug er vor.»Nee, nur ’n Scherz.Das könnte ich deinen Schwestern nicht antun.«»So schlimm?«»Absolut.« Henry musterte mich aufmerksam.»Bist du sicher, dass es dir nicht zu warm ist, so mit Pullover und Decke? Sieht aus … als ob du schwitzt.«»Passt schon.« Ich kam vor Hitze fast um.»Kein Problem.« Ich lächelte ihn mit geschlossenem Mund an, nur für den Fall, dass ein Schneidezahn verschwunden war.»Also … wir waren bei Niete stehen geblieben, dem Lover deiner …«»Ach ja, der.Totaler Mistkerl.Sollte eigentlich in der Zwölften sein, ist aber letztes Jahr sitzen geblieben.Inzwischen hat er die Schule wahrscheinlich geschmissen.Schert sich nicht die Bohne um seine Freundin.«»Pff«, machte ich.»Klingt voll tragisch.«»Sehr.« Henry begann im Kondenswasser an seiner leeren Sprite-Dose rumzumalen.»Deine Schwestern wirken eigentlich ziemlich normal im Vergleich zu meiner.Ich hab versucht mit ihr zu reden, aber …« Henry zuckte die Schultern.»Kannst du dir ja vorstellen.«Ich hoffte nur, dass June gerade keine Gedanken las und April das nicht vorhergesehen hatte, denn sonst würden sie niemals wieder aufhören davon zu schwärmen, dass mein Nachhilfefuzzi sie für wundervoll hielt.»Na ja, wahrscheinlich sind meine Schwestern schon ganz okay«, gab ich zu.»Aber als völlig normal gehen wir trotzdem nicht durch.«Und wie zur Bestätigung ging gerade mein rechtes Knie flöten, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, über Henrys dämliche Schwester zu reden, als darauf zu achten, dass an mir alles am Platz bleibt.»Oh verdammt!«, fluchte ich, ohne nachzudenken, sodass Henry fast das Herz stehen blieb.»Was, was ist denn los?« Er wirkte ernstlich besorgt.»Ich … ich find’s echt unglaublich, dass in der europäischen Geschichte so viel passiert ist, wovon ich keine Ahnung hab!«, log ich drauflos.Ich schlug mit der Hand auf meine linke Kniescheibe, um sie mit purer Willenskraft dort zu halten, wo sie hingehörte.Innerlich wurde ich von Zitteranfällen geschüttelt, sie durchfuhren mich wie die kleinen Kräuselwellen auf einem See.»Nehmen diese königlichen Stammbäume eigentlich gar kein Ende? Mach weiter, es gibt noch so viel zu lernen!«So stand ich weitere zehn Minuten heldenhaft durch und hielt die Arme fest vor dem Oberkörper verschränkt, damit sich nicht auch noch mein Busen in Luft auflöste.(Nicht dass davon jemand was mitgekriegt hätte – er war auch vor diesem ganzen Blödsinn kaum der Rede wert.) Ich beobachtete, wie die Uhr an der Mikrowelle die zähen Minuten zählte, und versuchte mit gelegentlichem Nicken und Aha-Sagen die restliche Nachhilfestunde irgendwie zu überstehen.Als die Uhr auf acht schnippte, stieß ich vor lauter Erleichterung einen tiefen Seufzer aus.»Was, schon acht?«, rief ich und fiel Henry ins Wort, der sich gerade über irgendeinen Vertrag ausließ.»Mann, bin ich fertig.Du nicht?«Henry warf über die Schulter einen Blick auf die Uhr.»Wollen wir nicht einfach bis halb neun weitermachen?«»Mir qualmt schon jetzt total der Schädel«, wehrte ich verzweifelt ab und fragte mich, ob ich wohl aussah wie ein Schweizer Käse mit lauter Löchern anstelle diverser Körperteile, wenn ich aufstand.»Mit heiß gelaufenem Hirn kann ich nicht lernen.Ist vermutlich auch verboten.«In diesem Moment klappte die Eingangstür.»Hallo!«, rief Mom.»Bin wieder da!«»Oh Mist«, murmelte ich und schlug mir die verbliebene Hand vors Gesicht.»Hallo, du bist bestimmt Henry«, sagte Mom, als sie mit klappernden Absätzen in die Küche kam.»Ich bin Mays Mutter.«»Oh, hallo Mrs Stephenson.Nett, Sie kennenzulernen.« War ja klar, dass Henry voll der Muttiflüsterer war.Vielleicht hab ich es mir ja nur eingebildet, aber es kam mir so vor, als ob Mom leicht verschnupft reagierte, als er sie mit Mrs Stephenson ansprach.Sie hatte nämlich nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder angenommen, was mich irgendwie gekränkt hatte, ich weiß auch nicht wieso.Vielleicht fand ich es einfach nur schräg, dass meine Mutter jetzt einen anderen Nachnamen hatte als ich.Aber langsam bekam ich ja Routine im Umgang mit schrägen Sachen.»Henry wollte gerade zusammenpacken«, sagte ich laut und deutlich zu meiner Mom, »und sich auf den Weg machen.«»Du bist ein Kämpfer, Henry«, sagte Mom grinsend zu ihm.»May ist in Geschichte wirklich keine Leuchte.«»Ich finde die Gegenwart schon kompliziert genug«, verteidigte ich mich und merkte dann erst, wie treffend diese Worte waren.»Schon okay«, sagte er.»Dann bis morgen in der Schule, oder?« Ich nickte.»Klar.«Mom schaute zu mir herüber.»May«, sagte sie langsam, »es wäre nett, wenn du deinen Freund zur Tür bringen könntest, oder?« Sie zog eine Augenbraue hoch.Ogottogott [ Pobierz całość w formacie PDF ]